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Wir brauchen keine Konvergenz ist wichtig

17.8.2011

Sehr geehrte Damen und Herren

Sie werden an dieser Stelle befinden, ich hätte den Titel des heutigen Blogs von einer aktuellen Werbekampagne "guttengebergt", wie man neuzeitlich sagt. Sehr hübsch übrigens, weil es nahe an "geborgt" liegt.
Ich hatte für solche Wortspiele allerdings bereits vor der besagten Werbekampagne ein Faible, und in diesem Falle passt es auch besonders gut.

Worum geht es?

Sie ahnen es schon: Die aktuelle Euro- und Verschuldungskrise.
Es kann weder Ziel wissenschaftlicher Betrachtungen, noch hilfreiches Instrument bei der Problemlösung sein, Argumentationen zu verkürzen. Aber es hilft beim Verständnis, sich hin und wieder auf Wesentliches zu konzentrieren.

Vor der Einführung des Euro gab es zwei dezidierte Meinungen zur Thematik:
Ein Lager stellte sich auf den Standpunkt, dass die von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den Eckdaten(Zinsen, Inflation, Wachstum, Neu-/ Gesamtverschuldung etc.) sehr unterschiedlichen Teilnahmekandidaten Europas automatisch konvergieren, das heisst sich einander annähern würden, wäre der Euro erst eingeführt.
Das andere Lager warnte vor der Einführung des Euro, bevor diese Angleichung in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit(natürlich unter Berücksichtigung der sehr verschiedenen Grössen der europäischen Volkswirtschaften) durch ökonomische und staatspolitische Massnahmen erreicht sei.

Das Resultat ist bekannt: Die Euroturbos setzten sich durch, der Euro wurde auf den 1.1.1999 eingeführt.
Was folgte, ist bereits eine 12-jährige Geschichte, eingeschlossen die  aktuelle Eurokrise.
Dabei ist ein zentraler Faktor der Eurokrise, die primär eine Schuldenkrise ist, dieser: Die durch die Einführung der Einheitswährung plötzlich und massiv gesunkenen Zinsen für vormals hoch zinsende Länder(Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, Irland) sanken markant - wurden aber von verschiedenen Staaten nicht zur Lösung struktureller Probleme und Eindämmung der Staatsschulden genutzt. Gleichzeitig stiegen in vordem eher wirtschaftsschwachen Ländern wie Griechenland, Portugal und weniger ausgeprägt auch Spanien der Privatkonsum und die teilweise Blasen bildenden Investitionen, so insbesondere im Immobilienbereich.

Die Volkswirtschaften des Euroraumes entwickelten sich nicht im Gleichschritt und insbesondere in den letzten Jahren wurde deutlich, dass die Fessel Gemeinschaftswährung und die damit einhergehende Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ein gefährlicher Klotz am Bein der einzelstaatlichen Konjunktursteuerung war.

Was uns zurückführt auf die ursprüngliche Frage: Konvergieren die Volkswirtschaften der Teilnehmerstaaten, weil der Euro eingeführt wurde?
Die Antwort hat die Entwicklung der letzten Jahre gegeben. Der Einführung des Euro standen vereinfachende Annahmen gegenüber, welche die (verständlichen) egoistischen Motive der Einzelländer, -organisationen und -individuen sowie psychologische Faktoren nicht oder zuwenig berücksichtigten.

Erhält man plötzlich günstigere Konditionen, als durch die Wirtschaftskraft gerechtfertigt, werden das Eingehen höherer Risiken, das Verschieben notwendiger Sanierungen und der exzessive Konsum gefördert.
Seit der Einführung des Euro führte dies in den wirtschaftsschwächeren Ländern zu teilweise ökonomisch hochriskanten Investitionen, zum Eingehen von wirtschaftlichen Risiken zugunsten des Konsums und zu lascher bis fahrlässiger Haushaltspolitik von Staaten - all dies einen vermeintlich erstaunlichen Boom erzeugend.
Die Rechnung wurde soeben präsentiert und erschüttert Europas Wirtschaftsgefüge - und nicht nur dessen, da zur ungünstigsten Zeit auch die Vereinigten Staaten an einem ähnlichen Problem kranken.

Und nun zum Auslöser dieses kurzen Rückblickes: Gestern erklärten die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy ihre Pläne für nachhaltige Massnahmen zugunsten des Euro(-raumes).
Herr Sarkozy äusserte anlässlich dieser Erklärung mit gewichtiger Miene, dass die Lösung zur  Überwindung der Euro-Probleme in der Konvergenz der europäischen Volkswirtschaften bestehe.

Keine weiteren Fragen, meine Damen und Herren Geschworenen.

Freundliche Grüsse, Ihr
Alexander T. Kirschner